Schreibstube

Eile deinen Gedanken voraus

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Wie jedes Jahr bekommt unser Holzboden auf dem einen Balkon eine neue Ölschicht. Diese eine Sache, die für sich alleine schon eine mehrtägige Arbeit ist, zieht jeweils einen riesigen Rattenschwanz von weiteren Arbeiten nach sich:

Die Töpfe müssen erst auf den anderen Balkon getragen, dort die Pflanzen durchgeputzt werden, um danach wieder zurückgetragen zu werden. Und weil wir schon dabei sind, ölen wir auch gleich die Gartenmöbel wieder frisch ein. Mit "wir" ist mein Mann und ich gemeint. Und Himmel, bin ich froh, können wir uns diese Arbeit teilen!

Ich hatte gerade damit angefangen, die Stühle, den Tisch und die Liegen abzuwaschen, die ein ganzes Jahr draussen auf dem Balkon gestanden sind. Eine mühselige Arbeit, denke ich. Ich werde bestimmt am Abend Rückenschmerzen haben, aber was soll’s. Das muss halt sein. Und wie ich so diese wenigen Gedanken beobachte, merke ich auch, auf welche Gedankenstrasse ich eingeschwenkt bin. Ich kann bereits spüren, wie ich mich zunehmend abmühen werde, die Laune schlechter und schlechter wird.

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Doch die Beobachterin dieser Gedanken, die, die eigentlich über den eingefahrenen Programmen steht, erkennt, dass sie diesen Gedanken voran rennen muss, mit Gedanken, die sich gut anfühlen. Und weil ich der alt bekannten Strasse noch nicht so viel Aufmerksamkeit geschenkt habe, dieser Gebetsmühle noch kein Momentum verliehen habe, kommen auch gleich die neuen Gedanken daher.

  • Wie schön diese Möbel immer noch sind, weil wir sie jedes Jahr mit Öl pflegen.
  • Wie gut es sich anfühlt, diese Hölzer zu pflegen und wie nachhaltig wir dadurch sein können.
  • Wenn es denn schon Zedernholz sein muss, (denn die Liegen konnten wir im Gegensatz zu den Stühlen und dem Tisch nicht in Robinie kaufen), dann können wir das Holz wenigstens pflegen, damit es lange hält und wir können so den Tod des Baumes ehren. Das ist ein froher Gedanke
  • Und erst der Holzboden! Der sollte trotz aller Pflege, wenn man denn den Aussagen des Herstellers glauben will, bereits das Zeitliche gesegnet haben. Unglaublich, wie schön glatt, wie poliert der immer noch aussieht und nirgends kann man sich barfuss einen Splitter holen.

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Und so habe ich eine neue Gebetsmühle angestossen, eine, deren jeder einzelne Gedanke sich gut anfühlt. Ein Lächeln breitet sich auf meinem Gesicht aus. Ich denke, dass es gut ist, dass ich mich ein wenig bewege und nicht nur vor dem Bildschirm sitze und schreibe. Darum will ich nach meiner Kaffeepause zurück zu meiner Arbeit an den Gartenmöbeln, die Sonne draussen geniessen und mich gut fühlen. Ich kann es natürlich nicht beweisen, weil ich ja keinen direkten Vergleich habe, doch ich schwöre, mein Rücken fand die Arbeit sofort weniger anstrengend.